Thomas Breit: Im Herbst 1936 übertrug Dornberger Walter Thiel die „Ofen-Entwicklung“. Thiel war zuvor an der Versuchsstelle Ost in Kummersdorf tätig, die von der Forschungsabteilung des HWA ab 1935 aufgebaut worden war.    Thiel erkannte, dass die bisher entwickelten Öfen in punkto Ofengeometrie (insbesondere die Länge des Ofens), aber vor allem die Einspritzsysteme nicht zur Erlangung der erforderlichen Schübe für das Aggregat 4 weiterentwicklungsfähig waren.    Unter seiner Leitung wurde diese Entwicklung „neu aufgesetzt“, was sich bereits im April 1937 in der Grundlagen-Arbeit „Empirische und theoretische Grundlagen zur Neuberechnung von Öfen und Versuchsdaten, Schießplatz Kummersdorf Vers. West.“ niederschlägt. Etliche Patente von Thiel, bzw. seiner Mitarbeiter ergänzen diese grundsätzlichen Arbeiten.    Unter Thiel wird ebenfalls ein neuer Prüfstand entwickelt und im September 1937 fertiggestellt: Der Prüfstand PV. Zum PV konnten bislang leider keine Zeichnungen oder Unterlagen gefunden werden, der Aufbau entspricht aber sicherlich dem Prinzip aller nach PIII gebauten Prüfständen.    Demnach könnte PV aus einem zentralen, ca. 6x6 m großen, und ca. 5 m hohen Prüfraum, mit am „Kopfende“ angeschlossenem Beobachtungsraum und seitig angeflanschten Versorgungsräumen bestanden haben. Aus im Internet verkauften Filmsequenzen etwa von 1938, lässt sich schließen, dass ein Prüfstand an der heute noch vorhandenen „Mauer mit Schlitzen“ nördlich von PIII steht, auf dem der seitliche Prüfraum mit den Tachowaagen zu erkennen ist. Zeitlich eingeordnet könnte es sich bei dem im Lageplan gekennzeichneten Prüfstand „X“ also um PV handeln. Des Weiteren sind auf dem Geländer der Versuchsstelle West keine weiteren Prüfstände vorhanden, die in Frage kämen.    Auf dem PV werden ab September 1937 die von Thiel entwickelten Brennkammern mit neuen Einspritz- systemen getestet, zunächst mit „Stiel“ und Vorkammer, danach mit Einspritzdüsen (Schlick), usw. Kummersdorf: Die Raketen-Prüfstände P X (?) und P Y (?) Die Lage der Prüfstände P X (?) und P Y (?) von Thomas Breit in den Übersichtsplan der Prüfstände eingezeichnet. Zum Vergrößern klicken. Einziges erkennbares Baumerkmal ist ein erhaltener unterirdischer Gang. Dieser Prüfstand wurde bisher nicht erforscht. Obere zwei Bilder: Von einem Prüfstand blieb nach Sprengung nur ein Schutthügel übrig. Thomas Breit: Übertragen wurden die Ergebnisse auf die 1-to-Test- Brennkammern, die in etlichen Varianten und Anord- nungen der Einspritzsysteme, auch unter verschiedenen Drücken, auf dem PV getestet wurden. Am Ende dieser Entwicklungen stand der sog. 1-to-Einheitskopf, der im Prinzip so später in 18-facher Anordnung in der A-4- Brennkammer eingesetzt wurde.    Auf PV wurden meist Versuche bis zu 1 to Schub gefahren, selten finden sich etwas höhere Schübe in der Versuchsprotokollen wieder.    Der PV passte also perfekt in die Strategie des HWA, welche unter Thiel in den Folgejahren als Entwicklungslinie erkennbar ist: Das grundsätzliche Design erfolgte an einem 1-to-Ofen, dieses Design wurde danach in vervielfachter Anordnung meist auf einen 4-to- Test-Ofen übertragen (diese Versuche fanden oft noch in Kummersdorf statt), bevor man sich in Peenemünde an eine 25-to-Version machte.    Nach derzeitigem Kenntnisstand wurde nahezu alle Entwicklungen der Einspritzsysteme des HWA in 1-to- Version auf dem PV gefahren. Der PV entwickelte sich damit zu einem zentralen Prüffeld für Einspritzsysteme.    Auch nach dem Umzug nach Peenemünde wurde PV intensiv genutzt. Immer wieder wurde Versuchsreihen von Peenemünde zum PV nach Kummersdorf verlegt, da PV über sehr „feine Messeinrichtungen“ (Aussage Thiel) verfügte.    Evtl. war dies sogar ein Grund für die Sprengung des PV vor oder nach (?) der Übernahme des Schießplatzes Kummersdorf durch die Rote Armee (PI bis PIV wurden hingegen nicht zerstört, auch nicht die „Mauer mit Schlitzen“). Hinweise zum PV, insbesondere zu dessen Aufbau und Funktion, werden gerne entgegengenommen! Vom gesprengten Prüfstand P V blieb nur eine Mauer mit einem Beobachtungsschlitz erhalten. Prüfstand P Y (?)